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Die Leseabende
Schon bald nach Beginn der Arbeit unse-
rer  Berliner  Goethe-Gesellschaft  be-
merkte der damalige Vorstand, daß das
Interesse an Goethe groß, die konkrete
Kenntnis der Texte  jedoch gering war.
Offenbar gab es unter manchen Mitglie-
dern eine gewisse Scheu, den Dichter zu
lesen. Da wollten wir behilflich sein. Aus
unserer  Satzung:  Die  Goethe-Gesell-
schaft widmet  sich  insbesondere  der
Wirkungsgeschichte und Aktualität Goe-
thes  und  seiner  Zeitgenossen  mit  dem
Ziel, diese einem breiten Publikum auf-
zuschließen.
Das damalige Vorstandsmitglied Johan-
nes Kowalewsky organisierte und leitete
die ersten Leseabende, die dankbar ange-
nommen wurden. Weitere Mitglieder der
Gesellschaft führten dann die Lesungen
fort. Sie sind inzwischen eine schöne Tra-
dition und konnten hilfreich bei der Lek-
türe der Texte von Goethe sein. Faust II
war nach fünf gemeinsamen Leseaben-
den mit Interpretationen  kein hermeti-
sches Buch mehr. Iphigenie und Tasso
konnten als in mancher Hinsicht »aktu-
ell« begriffen werden.
Die Wahlverwandtschaften wurden  in
ihrer menschlichen Problematik als »zeit-
los« empfunden. Hermann und Dorothea
schließlich  begeisterte  auch  durch  die
Schönheit  der  Sprache.  Es  sind  noch
viele andere Texte gelesen und bespro-
chen worden.
Die Vorträge zu Goethes Leben und Werk
informieren und werden geschätzt. Oft
greifen  Hörerinnen  und  Hörer  nach
einem Vortrag zu den besprochenen Tex-
ten. Doch kein Redner kann die authen-
tische  Wirkung  des  Dichter-Wortes  in
seinem Zusammenhang vermitteln. Die
Schönheit  der Italienischen  Reise er-
schließt sich erst, wenn man den ganzen
Text erlebt. Deshalb bleibt es notwendig,
den Dichter Wort für Wort zu lesen und
seine Gedanken und Empfindungen un-
mittelbar  auf  sich  wirken  zu  lassen.
Dabei wird die Berliner Goethe-Gesell-
schaft weiter helfen.
Hans-Wolfgang Kendzia
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1992
Johannes Kowalewsky
Zwei Leseabende:
Goethes Wahlverwandtschaften
1993
Johannes Kowalewsky
Drei Leseabende:
Wilhelm Meisters theatralische Sendung
1994
Dr. Werner Hennig  
Drei Leseabende:
Novellen aus Wilhelm Meisters Wanderjahre
1994
Prof. Dr. Wolfgang von Löhneysen
Drei Leseabende:
West-östlicher Divan:
Buch der Betrachtungen und Buch des Unmuts
1995
Dr. Werner Hennig
Zwei Leseabende:
Das Märchen und die Novelle
1996
Dr. Werner Hennig
Drei Leseabende:
Aus Goethes autobiografischen Schriften
1997
Johannes Kowalewsky
Drei Leseabende:
Sylvie, Minchen, Ulrike und Goethe
1998
Dr. Peter Trzeciok (Berlin)
Drei Leseabende:
Italienische Reise
1999
Hans-Wolfgang Kendzia
Drei Leseabende:
Nicht nur Teltower Rübchen –
Aus dem Briefwechsel Goethe-Zelter
2001
Hans-Wolfgang Kendzia:
Drei Leseabende:
Zu Goethes Faust II
2001
Dr. Renate Grötzebach
Zwei Leseabende:
Die Leiden des jungen Werthers
2002
Hans-Wolfgang Kendzia
Drei Leseabende:
Tasso – Die Frauen im Werk
2008
Hans-Wolfgang Kendzia
Drei Lesenachmittage:
Das Märchen
2014
Hans-Wolfgang Kendzia
Hermann und Dorothea
Interpretatorische Gespräche
2015
Hans-Wolfgang  Kendzia
Kennst Du das Land,
wo die Zitronen blühn?
Interpretatorische Lesung der
Italienischen Reise
2016
Hans-Wolfgang Kendzia
Drei Leseabende:
Römische Elegien und
Venezianische Epigramme
189
Jahresgaben und Schriften der Goethe-Gesellschaft Berlin e.V.
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1997 wagten wir uns zum ersten Mal an eine selbst herge-
stellte eigene Jahresgabe; wenig später hatten wir kurzfristig
einen Sponsor, der jedoch darauf bestand, die Broschüren in
moderner Typografie nach eigenem Gusto zu gestalten. Bald
kehrten wir wieder zurück zu unserer etwas konventionelle-
ren Machart im Selbstdruck, zumal nun auch kleinere Auf-
lagen preiswert möglich sind. Von unserem bisher einzigem,
sehr schnell vergriffenem Buch Euch verdank ich, was ich
bin soll im nächsten Jahr ein Reprint erscheinen.
Veröffentlichungen von Mitgliedern der Goethe-Gesellschaft Berlin e.V.
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Zu unseren treuen langjährigen Mitgliedern dürfen
wir  Katharina Mommsen und Dagmar von Gersdorff
zählen, die man nun wirklich nicht mehr vorstellen
muß, zählen sie doch zu den ganz wenigen auf Goe-
the spezialisierten  Autoren, deren Veröffentlichun-
gen nicht nur immer wieder neue und  unbekannte
Forschungsergebnisse und Einblicke enthalten, son-
dern diese finden auch noch beim  Publikum beacht-
liche Resonanz. Hier seien von beiden lediglich jene
Publikationen aufgeführt, die in den letzten 15 Jah-
ren veröffentlicht wurden.
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Nicht mit derart literaturwissenschaftlichem
Anspruch versehen sind die meisten Publi-
kationen unserer Vorstandsmitglieder Hans-
Hellmut Allers, Ekkehart Krippendorf und
Volker Hesse, die aus ihrer jeweiligen be-
ruflichen Perspektive den  Weimarer Thea-
terintendanten, den politischen Goethe aber
auch, wie der Mediziner Hesse, verschie-
dene Aspekte  seiner Gesundheit  und  Le-
benshaltung    darstellten  und  somit  den
Lesern neue Einsichten vermittelten.
Zu unserem Glück sind wir jüngst im Vorstand durch
Uwe Hentschel bereichert worden, einem Literatur-
wissenschaftler der – spezialisiert auf die Reiseschrift-
steller des 18. und 19. Jahrhunderts –   sich seit einiger
Zeit nun auch eingehend mit Goethe befaßt.
In seinem wissenschaftlichen Essay Moderne Klassik,
Klassik der Moderne-– über die Aktualität von Goe-
thes und Schillers Werken geht er von der unbestreit-
baren  Tatsache aus,  daß  es  selbst  für  literarisch
Interessierte immer schwieriger wird, einen Zugang
zu den Werken der Weimarer Klassik zu finden, ge-
schweige denn die Texte auf die eigene Lebenswelt
zu beziehen.
Die Literaturwissenschaft – so konstatiert er bedau-
ernd – stellt zwar eingehende Analysen bereit, doch
auch sie reagiert reserviert, wenn sie die Gegenwarts-
tauglichkeit des Phänomens Weimarer Klassik be-
stimmen soll.
Unser Vorstandsmitglied Monika Estermann, die nun
seit zwei Jahren unsere Schriftführerin ist, hat eben-
falls ein inhaltlich  gewichtiges Buch vorgelegt; im
Frühjahr 2017  erschien ihr in 10 Jahren erarbeitetes
Standardwerk Buchkultur im 19. Jahrhundert. Daß
dieses ganz entscheidend von Goethe und verschie-
denen seiner Werkausgaben mitgeprägt wurde, wird
wohl niemanden wirklich in Erstaunen setzen.
Der Vollständigkeit halber führe ich hier noch einmal
meine beiden Dokumentationen über Charlotte von
Stein sowie Goethe und sein Haus am Frauenplan
auf, die ja innerhalb der vorliegenden Schrift bereits
abgehandelt wurden. Tatsächlich werden beide Filme
– mittlerweile technisch überarbeitet  –  nach wie vor
im Museumsshop in Weimar angeboten.
Zu guter Letzt eine Erklärung, warum diese Publika-
tion, die ursprünglich nur ein Büchlein von 80 Seiten
hatte werden sollen, sich zu einem derart opulenten
Goethe-Bilderbuch entwickelt hat. Für eine Auflage
von  200  Exemplaren  wäre  der  zeitliche Aufwand
dann doch ein wenig übertrieben gewesen.
Was wäre, so kam mir die Idee, wenn man für Goe-
the-Einsteiger und für Leser, die sich grundsätzlich
für kulturgeschichtliche Zusammenhänge interessie-
ren, ein derartig reichhaltig ausgestattetes Bilderbuch
verfertigte, etwa einen Spaziergang durch sein Leben
und Werk. – Könnte das nicht – versehen natürlich
mit spannenden und anschaulichen Kommentartexten
und einer nachvollziehbaren Chronologie – Begeiste-
rung wecken? Insbesondere auch bei jüngeren Men-
schen, die den Dichter durch ein derartiges Buch –
wie es heute so schön heißt: auf den Schirm bekämen.
Einen Versuch erscheint es mir wert; wer eine  bessere
Idee hat, wie wir den Nachwuchs und Goethe zusam-
menbringen, der möge sich bitte melden.
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